Toxische Beziehung – was ist das?

Toxische Beziehungen jeder Art können uns körperlich und seelisch sehr zusetzen. Wir verraten, wie du sie erkennst und was du tun kannst!

Toxische Beziehung – was ist das?
Eine toxische Beziehung ist meist für beide Seiten furchtbar Foto: martin-dm / iStockphoto
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Toxische Beziehungen (auch: giftige Beziehungen) – was sind das eigentlich? Jede Beziehung, ob platonisch mit Freund*innen oder Chef*innen, oder romantisch mit Partner*innen, sind erst einmal vor allem eines: Arbeit. Wir lernen voneinander, wir reiben uns aneinander, manchmal streiten wir auch, oder sind traurig wegen einer Aussage/Handlung des*der Anderen. Das sind alles Dinge, die vollkommen „normal“ und gesund im Leben sind. Doch Beziehungen, die uns Kraft rauben, die uns regelmäßig traurig und uns sogar nieder- und krank machen, sind toxisch.

Doch wann ist eine Beziehung „holprig“ und wann spricht man von giftiger Beziehung? Das ist nicht immer leicht zu erkennen, besonders, wenn man selbst in so einem Miteinander steckt. Wie du toxische Menschen in deinem Leben erkennen kannst, haben wir dir bereits in einem anderen Artikel erklärt. Nun schauen wir uns an, was toxische Beziehungen sind, was du tun kannst und wann eine Trennung vielleicht besser ist.

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Was ist eine toxische Beziehung?

Um überhaupt erkennen zu können, ob du in einer giftigen Beziehung bist, ist es zunächst wichtig, eine möglichst klare Definition zu haben. Denn „toxische Beziehung“ ist keine Diagnose, die man von einem Arzt*einer Ärztin bekommen kann! In ihrem Buch „Toxic People“ beschreibt Psychologie-Expertin Dr. Lillian Glass toxische Beziehungen als „jede Form von Beziehung [zwischen zwei Menschen, die] sich nicht gegenseitig unterstützen, wo es stetige Konflikte gibt und der*die eine versucht, den*die anderen zu untermauern, wo es stetigen Wettkampf gibt, wo Respektlosigkeit und fehlender Zusammenhalt an der Tagesordnung ist.

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Hierbei muss stark unterscheiden: Jede Beziehung im Leben hat ihre Höhen und Tiefen – niemand ist immer nur glücklich! Es kann gut sein, dass eine Beziehung (jeder Art) gerade eine schwierige Phase hat, in der die Beteiligten Konflikte auszutragen haben. Vielleicht tun sie das nicht unbedingt auf eine gesunde Weise, streiten eher destruktiv (also vorwerfend, mitunter rein emotional und unfair) und sind nicht für die andere Person da. Klar, das macht unglücklich. Aber das muss nicht zwingend heißen, dass die Beziehung toxisch ist – wenn denn beide Parteien generell bereit und in der Lage dazu sind, aufeinander zuzugehen und miteinander zu kommunizieren. Doch sind Konflikte, Missgunst, Eifersucht, Abhängigkeit und andere Faktoren ein Dauerthema, dann muss man sich fragen, ob man nicht doch gerade eine giftige Beziehung führt.

Wie erkennt man eine toxische Beziehung?

Toxische Beziehung – wie erkennen?
Foto: AntonioGuillem / iStockphoto

Eine toxische Beziehung zu erkennen, ist nicht ganz leicht – insbesondere nicht für die beiden Menschen, die diese Art von Beziehung miteinander führen! Denn allzu schnell befindet man sich selbst in Mustern, die immer wiederkehren. Konflikte, die nicht auf offene und gesunde Weise ausgetragen wurden, verhärten sich mit der Zeit, Banalitäten (wie bspw. ein offener Klodeckel) werden zu riesigen Dramen – und schnell befindet man sich in einem Teufelskreis.

Es gibt einige Anzeichen für eine toxische Beziehung – das absolut krasseste Warnsignal, bei der jede Person sofort (!) das Weite suchen sollte, ist Gewalt jeglicher Form. Das meint sowohl körperlicher Art als aber auch seelischer Art (mehr dazu gleich). Es gibt allerdings auch Anzeichen, die viel subtiler und damit schwer erkennbar sind. Folgende Signale solltest du ernstnehmen:

  • Die Beziehung macht dich schon lange nicht mehr glücklich
  • Stattdessen fühlst du dich traurig, wütend und/oder ängstlich, besonders in der Nähe der Person
  • Vielleicht empfindest du auch Resignation gegenüber deinem Leben mit deinem*deiner Partner*in – du hast dich quasi „mit deinem Schicksal abgefunden“
  • Dein Selbstwertgefühl ist im Keller
  • Psychische Erkrankungen, wie Depression, Angst- oder Panikattacken, Essstörungen oder dauerhafte Nervosität, sind auch möglich
  • Es fehlt das sichere Gefühl, dass du mit deinem*deiner Partner*in über deine Gefühle und Emotionen sprechen kannst
  • Wenn du etwas ohne deine*n Partner*in machst (wie Freund*innen treffen), fühlst du dich schlecht und „schuldig“
  • Deine Freund*innen und Familie zeigen sich öfter besorgt über dich und deine Beziehung

Gerade letzterer Punkt ist sehr wichtig, denn wie gesagt: Menschen, die sich in toxischen Beziehungen befinden, bemerken dies häufig lange nicht. Das kann unterschiedliche Gründe haben: Vielleicht entschuldigst du innerlich oder vor anderen das Verhalten deines*deiner Partner*in oder dein eigenes. Vielleicht bemerkst du auch gar nicht, dass euer Miteinander ungesund ist, schließlich „waren wir doch schon immer so“. Menschen gewöhnen sich schnell an Situationen – egal, ob diese Situationen nun gut oder schlecht für den Menschen sind. Was für dich schon als „normal“ gelten mag, kann für andere erschreckend sein! Achte also auf die Reaktionen deiner Mitmenschen, wenn es um deine Beziehung geht – und versuche, ihren Sorgen zuzuhören und ehrlich darauf einzugehen.

Welche Formen von toxischen Beziehungen gibt es?

Toxische Beziehung – Welche Formen gibt es?
Foto: AntonioGuillem / iStockphoto

Es gibt nicht die „eine“ Form von Beziehung – jeder Mensch ist individuell und damit auch die Art und Weise, wie er*sie sich eine Beziehung vorstellt und diese lebt. Demnach gibt es auch nicht die „eine“ toxische Beziehung, vor der sich die Leute besser in Acht nehmen sollen. Wir stellen dir kurz ein paar mögliche Formen von toxischer Beziehung vor:

  • Überschwängliche Zuneigung

Zuneigung und Liebe ist ja erstmal was Tolles. Und auch irgendwo sehr wichtig für eine gesunde Beziehung. 😁 Aber es gibt auch ein „zu viel“ – und dann ist die Zuneigung auf einmal nicht mehr so wundervoll. Es kann sich dann anfühlen, als würde sich eure Beziehung zu schnell entwickeln – gefühlt von einem auf den anderen Tag wird von "BFFs" oder "Liebe" gesprochen! Damit einher geht dann gerne auch stetige Nachrichten, Anrufe, Besuche – und großes Drama, solltest du einmal nicht erreichbar oder in der Laune auf ein Treffen sein.

  • Eifersucht

Die Eifersucht ist die Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft“, heißt es doch. Und sie ist die Form einer toxischen Beziehung, die sich die meisten Menschen wohl gut als schädlich vorstellen können. Ein wenig Eifersucht ist in einer Beziehung nicht ungewöhnlich – aber alles hat seine Grenzen. In einer gesunden Beziehung können sich die Partner*innen vertrauen – Eifersucht hat Nährboden, wo Vertrauen fehlt. Die Social-Media-Kanäle und Handys des*der Partner*in auszuspionieren ist nur ein Schritt von vielen, der auf krasse Eifersucht folgen kann.

  • Die „Schuld“ für die eigenen Emotionen bekommen

Okay, das muss mal gesagt werden: Du bist nicht 24/7 verantwortlich für die Emotionen einer anderen Person. Und genauso ist es andersherum! Wenn du dich angegriffen fühlst, weil eine andere Person gerade einen schlechten Tag hat, solltest du darüber mal nachdenken. So wirkt es so, als wäre dein eigenes Wohlergehen von den Emotionen einer anderen Person abhängig – und das sollte im Leben nicht so sein! Wir können nicht erwarten, dass eine andere Person unsere eigenen Gefühle und Gedanken auf dem Schirm hat. Wer hat das schon?

  • Überall ist Drama

Eine gesunde Beziehung gibt dir Kraft in schweren Zeiten des Lebens – eine toxische ist für die schweren Zeiten verantwortlich. Ständiger Konflikt oder Drama wegen Nichtigkeiten und anderen Dingen, ist ein Zeichen, dass euer Miteinander kein gesundes ist.

  • Bist du immer noch du?

Musst du deine Prinzipien, deine (politischen und anderen) Einstellungen zum Leben für die Liebe über den Haufen werfen, um mit der Person eine „entspannte“ Beziehung zu führen? In einer gesunden Beziehung akzeptieren und respektieren beide Seiten die Meinung der anderen Seite – und versuchen nicht, diese stetig zu ändern, um der Person aus "Liebe" zu "helfen“. Was hat dich und dein Leben ausgemacht, bevor du eine Beziehung mit der Person aufgebaut hat? Was ist davon noch übrig?

  • Deine Grenzen bedeuten nichts

Wir alle haben unsere Grenzen – und wir alle haben die Grenzen anderer Menschen zu akzeptieren, nicht nur, aber besonders in einer Beziehung zu der Person. Wenn du das Gefühl hast, dass dein „Nein“ nicht akzeptiert wird oder regelmäßig ausdiskutiert werden muss, kann das ein Zeichen für eine toxische Beziehung sein.

Das sind nur einige von vielen möglichen Anzeichen für eine toxische Beziehung. Denk aber daran, dass es hier nicht darum geht, die „Schuld“ bei der anderen Person zu suchen. Eine Beziehung involviert mindestens zwei Menschen – auch deine Form der Kommunikation und dein Verhalten trägt zu eurem Miteinander bei. Das zu erkennen ist der erste und wichtigste Schritt, um eine Veränderung aktiv mitzugestalten.

Ich bin vielleicht in einer toxischen Beziehung – was jetzt?

Toxische Beziehung – Ich bin in einer und nun?
Foto: Delmaine Donson / iStockphoto

Eine toxische Beziehung KANN unter Umständen gerettet werden – aber dafür müssen beide Seiten auch bereit sein, eine Menge Arbeit hineinzustecken. Es wird anstrengend, es wird emotional und sehr zehrend, doch am Ende gilt es schließlich, toxische Verhaltensweisen beider Seiten aufzuarbeiten und Muster zu durchbrechen, die sich teilweise über Jahre verfestigt haben. Wichtige Faktoren sind:

  • Die Bereitschaft, zu investieren

Beide Seiten müssen es wirklich wollen – und das bedeutet eben auch Arbeit. In gewissen Punkten müssen Beziehungspartner*innen vielleicht wieder bei 0 anfangen. Das kann frustrieren, ist aber absolut notwendig, um einen neuen Umgang miteinander zu erlernen. Sind beide Seiten bereit, für ihre Liebe in Teilen nochmal von Vorne anzufangen?

  • Akzeptanz der Verantwortung

Zu erkennen, dass frühere Verhaltensweisen die Beziehung (hoffentlich nicht irreparabel) angegriffen haben, ist ein wichtiger erster Schritt. Er darf aber nicht der Einzige bleiben. Vor allem müssen beide Seite erkennen, dass sie ihre Teilverantwortung an der Situation zu tragen haben. So schlimm es für manche Menschen klingen mag: Toxisches Verhalten hinzunehmen ist gleichermaßen ungesund und schädlich für die Beziehung, wie sich toxisch zu verhalten. Hier geht es nicht darum, dem Opfer Schuld zuzuweisen – generell sollte es bei der Beziehung nicht um die Schuldfrage gehen.

  • Kein Vorwurf, sondern Verständnis

Kein Mensch kommt toxisch zur Welt. Wir haben alle im Leben auch schlechte Erfahrungen gemacht und manchmal ziehen wir daraus ungesunde Schlüsse. Beide Seiten müssen lernen, Verständnis für gewisse Verhaltensweisen (und Reaktionen darauf) aufzubringen. Das soll diese dann auch nicht entschuldigen, sondern ein erster Schritt sein, sich besser im gemeinsamen Miteinander verstehen zu können und toxische Muster als solche zu erkennen und zu meiden.

  • Bereitschaft, Hilfe anzunehmen

Es ist nicht leicht, an Beziehungen zu arbeiten, schließlich ist man emotional involviert! Es kann nützlich sein, für die Bearbeitung toxischer Verhaltensweisen in einer Beziehung, (professionelle) Hilfe heranzuziehen.

  • Trennung

Und wenn alles nichts hilft? Dann muss man den Schlussstrich ziehen. Toxische Beziehungen laufen nicht zwingend nach demselben Muster ab. Doch Fakt ist, dass toxische Menschen in der unmittelbaren Umgebung einen negativen Einfluss auf die Psyche einer Person haben. Es geht auch um Selbstliebe, wenn man sich von einer toxischen Person distanziert, auch wenn es schwerfallen mag. Wichtig ist dabei, nicht aus Mitleid oder Schuldgefühlen oder irgendwelchen anderen Gründen, die das eigene Bedürfnis untergraben, weiter in dieser Beziehung zu bleiben. Lieber solltest du deinen Fokus darauflegen, Freund*innen und Partner*innen zu finden, die dir mit Respekt, Liebe und Zuneigung begegnen. 💖

Über Dr. Sommer:

Das Dr. Sommer-Team steht seit über 50 Jahren für kompetente Sexual-Aufklärung und Jugendberatung unter dem Dach der Marke BRAVO. Das Team ist beratend tätig und unterstützt bei Themen wie Pubertät, sexuelle Identität, Beziehungen, physische und psychische Gesundheit, Liebe, Sexualität und Entwicklung. Dennoch ersetzt unsere Beratung nicht den Besuch bei Facharzt oder -Psychologen. Hast du eine Frage an unser Team? Schreib uns unter: drsommerteam@bravo-family.de