„Make Your Own Kind of Music“

Ski Aggu, Ikkimel, Zartmann: Wer sind die weiteren heißen Acts der Neuen Neuen Deutschen Welle?

Artists wie Ski Aggu, Ikkimel oder Zartmann laufen bei dir auf Dauerschleife, aber du würdest gerne auch mal was Neues hören? Dann haben wir genau das richtige für dich: Viele weitere heiße Acts der aktuellen deutschen Musikszene…

Man sieht Ski Aggu auf einer pink-beleuchteten Bühne.
On top of the world: Doch wer kommt gleich hinter Ski Aggu in der deutschen Musik? Foto: IMAGO / Berlinfoto
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Derzeitige deutsche Musik: Was ist die NNDW?

Wir befinden uns in den späten 70ern. In England und Amerika toben schon seit Jahren die „New Wave“ und der Punk – und in Deutschland hängt man mal wieder zurück. Doch das soll sich mit dem Aufkommen der Neuen Deutschen Welle (NDW) ändern, denn plötzlich eifert man in allen Genres, von Pop bis Punk, den englischen Vorbildern nach. Dabei entstehen Hits wie „99 Luftballons“ von Nena, „Major Tom“ von Peter Schilling oder „Goldener Reiter“ von Joachim Witt. Um 1983/1984 verschwand die NDW aber langsam wieder, da Plattenlabel den Markt stark kommerzialisiert und übersättigt haben.

Wir befinden uns in der Mitte der 2010er. Deutsche Musik besteht überwiegend aus Pop von Sänger*innen Mark Forster, Wincent Weiss oder Lena. Doch dem stellt sich die Neue Neue Deutsche Welle (NNDW) entgegen: Künstler*innen wie Drangsal, Edwin Rosen oder Von Wegen Lisbeth begeistern mit schneller Musik, die anfänglich melancholisch oder traurig anmutend war. Heutzutage ist die NNDW in fast allen Genres aufgestellt, aber weiterhin nicht großartig kommerzialisiert – denn die Produktionsqualität der NNDW ist meist bewusst niedrig. Zu den größten Stars der NNDW gehören derzeitig Acts wie Zartmann, Ikkimel oder Ski Aggu, doch es gibt noch viele weitere coole Stars, die etwas unter dem Radar fliegen. Hier sind ein paar davon …

fiio

fiio, bürgerlich Florian Stundner, ist ein österreichischer Sänger, der sich selbst im Genre des „Indie-Rocks“ verortet, auch wenn es viele Spuren von Pop in der Musik gibt. Seine Einflüsse sind laut ihm Bands wie „The 1975“ oder „Blur“, aber wenn man ihn in direkten Vergleich mit einem NNDW Artist setzen möchte, kann man ihm ehesten mit verifiziert vergleichen. Ebenso wie ihre Texte sind seine Songs voller romantischer Melancholie, die aber stets mit einer humoristischen oder ironischen Distanz gebrochen wird.

Unsere fünf liebsten fiio-Songs

  • 35

  • 10 vor 10

  • Glashaus

  • Disneyland

  • Vis a Vis

Dilla

Dilla ist Pop durch und durch, aber dabei nie anspruchslos, denn ihre Musik hört sich nicht nur gut an, sondern unterhält auch inhaltlich. Egal, ob Liebeserklärungen an ihre Mutter („Mama“) oder das an „König von Deutschland“ erinnernde Lied „Star“ – Dilla findet immer den richtigen Mix zwischen Spaß und Melancholie. Aber sie fürchtet sich auch nicht, Themen wie weibliche Selbstbestimmung oder allgemeine Unentschlossenheit zu adressieren. Durch diese Mischung wirkt sie wie die (minimal) ernstere Version von jemandem wie Dominik Hartz.

 Unsere fünf liebsten Dilla-Songs

  • Girls

  • Mama

  • Star

  • Stiefmütterchen (Feature mit nand)

  • Teen

Salò

Weniger ernst wird es mit Salò – auf jeden Fall scheint es so, denn bei Salò weiß man nie so ganz, was er einem eigentlich sagen will. Hinter Salò steckt nicht die italienische Kleinstadt mit demselben Namen, sondern der Österreicher Andreas Binder, der vor allem durch seine weird-anmutende Musik auffält. Er ist weder poppig noch rockig, sondern mutet eher psychedelisch beziehungsweise progressiv an. So oder so scheint er einen Nerv getroffen zu haben, denn neben seiner ersten ausverkauften Tour hat Salò auch schon einen Song mit Ikkimel als Feature aufgenommen.

Unsere fünf liebsten Salò-Songs

  • Apollonia sitzt bei Edeka an der Kassa

  • Blauer Junge (Feature mit Pavelo & Schnell)

  • Ich glaube nicht an Dinosaurier

  • Internetfreundin (Feature mit Mia Morgan)

  • Staubsaugermann

Mia Morgan

Mia Morgan betreibt laut eigener Aussage „Gruftpop“ – und das hört man: Ihre Musik ist nicht nur tief biografisch und feministisch, sondern auch rockig und/oder treibend – und voller Referenzen an einen ihrer liebsten Filme „Jennifer’s Body“. Doch ihre Musik lehnt nicht nur an das an, was das „Die Ärzte“-Mitglied Bela B. in seinen Soloprojekten gemacht hat, sondern ist mittlerweile schon eher in einer Hard-Rock-Richtung angekommen, was nur mehr zeigt, wie musikalisch vielfältig Morgan eigentlich ist. Auch wenn Mia Morgan sehr stark für sich selbst steht, kann man sie am ehesten im NNDW-Musikkosmos neben Blond oder Kraftklub verorten.

Unsere fünf liebsten Mia Morgan-Songs:

  • FLEISCH

  • Gothgirl

  • JENNIFER CHECK

  • Valentinstag

  • Waveboy

Mia Morgan steht auf einer großen Bühne.
Noch lieber heute als „Morgan“ reinhören: Mia Morgan ist eine der stilsichersten Musikerinnen Deutschlands. Foto: IMAGO / Beautiful Sports

Betterov

Betterov ist weniger rockig, aber dafür genauso emotional: Voller Sehnsucht versucht der gebürtige Thüringer an Bruce Springsteen zu erinnern und häufig gelingt ihm das. Da er, aber dazu neigt, die melancholische Seite Springsteens zu bedienen, ist es nicht abwegig bei seiner Musik auch häufig an Paula Hartmann zu denken– was aber definitiv nichts Schlechtes ist. Seine Texte sind stets sehnsüchtig, vielseitig und vor allem inhaltlich wertvoll, da er versucht Geschichten zu erzählen: Zum Beispiel veröffentlichte er zuletzt zwei Songs in Form von „17. Juli 1989“ und „18. Juli 1989“, die sich mit der Flucht seines Vaters aus der DDR auseinandersetzen.

Unsere fünf liebsten Betterov-Songs

  • 17. Juli 1989

  • Berlin ist keine Stadt

  • Böller aus Polen

  • Dussmann

  • Platz am Fenster

Paula Carolina

Absolutes Kontrastprogramm: Paula Carolina möchte sicher auch zum Denken anregen, aber vor allem möchte sie unterhalten. Während die NDW Fun-Bands wie Extrabreit („Hurra, Hurra, die Schule brennt!“) hatte, ist Paula Carolina die NNDW-Antwort darauf. Völlig frei singt sie merklich über was immer sie will: egal, ob über normale Männer („Otto Normal“), die Freiheit der jungen Menschen („Offiziell Glücklich“) oder übers Schlafen („Schalalalafen“). Musikalisch erinnert sie da am ehesten an ok.danke.tschüss. Über die textliche Tiefe ihrer Inhalte könnte man manchmal streiten – aber wer sagt, dass immer alles ernst sein muss?

Unsere fünf liebsten Paula Carolina-Songs

  • Es zieht im Paradies

  • Extra

  • Liebeslied

  • Otto Normal

  • Wärs ok?

Paula Carolina steht auf einer großen Bühne. Im Hintergrund sieht man blauen Himmel.
Ein weiterer Stern am blauen Himmel: Paula Carolina kann man aus der NNDW gar nicht mehr wegdenken. Foto: IMAGO / Christian Grube

Paulinko

Irgendwo zwischen Spaß und Ernst liegen auch Paulinko, bei denen es sich um eine Pop-Band aus Düsseldorf handelt. Tief feministisch wird sich mit schön klingender Musik am Patriarchat abgearbeitet. Das geht sogar so weit, dass der Song „Skandal im Patriarchat“ im Rahmen einer Kampagne geschrieben wurde, die sich für die Finanzierung von Frauenhäusern ausspricht. Dabei ist Paulinkos musikgewordener Kampf gegen das Patriarchat aber nie einseitig, sondern versucht alle Personen zu inkludieren, die unter dem Patriarchat leiden – von Frauen bis hin zu allen queeren Personen. Vom Sound her kommt Paulinko Wir sind Helden oder Blond am nächsten – wenn auch etwas elektronischer.

Unsere fünf liebsten Paulinko-Songs

  • 2014

  • Als sie sie küsst

  • Für ein Mädchen

  • Hässlich

  • Skandal im Patriarchat

REMOTE BONDAGE

Wir bleiben dem feministischen Grundgedanken treu und werfen einen Blick auf REMOTE BONDAGE. Bei dieser Band handelt es sich um eine fünfköpfige Gruppierung, die in ihren Songs vor allem sexuelle Themen adressiert. Über den Texten liegt immer recht rockige Musik, die alles zu kleinen kurzen Songs über Lust, Consent oder Liebe vermengt. Das passiert vor allem häufig durch das Parodieren von männlichem Verhalten oder Sprüchen, die Männer inflationär häufig dreschen („bist eh hässlich (...)“ in „so gerne hässlich“). Auch hier kann man Blond am ehesten als direkten musikalischen Vergleich verwenden.

Unsere fünf liebsten REMOTE BONDAGE-Songs

  • Fast / Sex On The Beach

  • Katze

  • Ronny

  • so gerne hässlich

  • Vulvarine

Tiavo

Tiavo ist „die Band mit dem Fernseherkopf“ aus Saarbrücken und bringt 80s Charme in die NNDW. Auf ihrem neuesten Album „absolute gewinner“ findet man viele „sinnlose gedanken“, die aber so catchy sind, dass man gar nicht aufhören kann zuzuhören. Auf tiefschürfende Sozialkritik stößt man eher weniger, dafür bekommt man aber stets Geschichten über den Struggle, was es bedeutet, jung zu sein – vor allem Liebe und ausbleibende Liebe sind hier sehr präsente Themen. Bei so viel Synth-Klängen kann man die Band sehr gut Fans von Drangsal oder Fibel empfehlen … die es etwas weniger melancholisch mögen.

Unsere fünf liebsten Tiavo-Songs

  • absolute gewinner

  • denken und dichten

  • kater karl

  • romantisch am Stammtisch

  • sinnlose gedanken

Resi Reiner

Zuletzt sollte man noch Resi Reiner erwähnen, die wie so viele auf dieser Liste aus Österreich stammt. Musikalisch wird sie am ehesten der Bezeichnung „tiefenentspannter Schlager“ gerecht, denn zu ihren musikalischen Einflüssen gehört unter anderem die griechische Schlagersängerin Vicky Leandros. Die Texte erzählen dabei recht häufig eine Geschichte („Bar Royal“) oder zahlen auf ein Überthema ein („Naja geht so“). Dabei ist sie nicht immer strikt feministisch oder politisch, sondern versucht sich auch allgemeineren Themen zu bedienen. Da die Musik „tiefenentspannt“ ist, ist sie auch eher langsam und „chill“. Dazu kommt Resi Reiners butterweiche und fast schon hauchende Stimme. Gelegentliche Melancholie vorprogrammiert.

Unsere fünf liebsten Resi Reiner-Songs

  • Bar Royal

  • Jeden Tag das Weckerklingeln

  • Naja, geht so

  • Volare

  • Warmes Bier (Feature mit MOLA)

Resi Reiner steht auf einer Bühne und hat ein Mikrofon in der Hand.
Das Gegenteil von „Naja, geht so“: Resi Reiner ist die moderne Antwort auf Schlager. Foto: IMAGO / Andreas Stroh