Sexuelle Orientierung: Was ist das?

Sexuelle Orientierung – was ist homo-, bi-, oder pansexuell? Wir erklären dir diesen facettenreichen Begriff!

Sexuelle Orientierung: Was ist das?
Sexuelle Orientierung: Was bedeutet das und in welche Richtungen kann es gehen? Foto: Ada daSilva / iStockphotos
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Sexuelle Orientierung vereint einen ganz schönen Haufen an unterschiedlichen Anziehungen unter sich. Kein Wunder, dass manche Menschen da den Überblick verlieren! Neben der Hetero-, Homo-, und Bisexualität gibt es nämlich noch einige andere, die wichtig sind. Wir haben dir hier eine kleine Sammlung einiger (nicht aller) sexueller Orientierungen zusammengestellt und erklären dir, wie du deine eigene sexuelle Orientierung erkennen kannst.

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Diese sexuellen Orientierungen gibt es

Sexuelle Orientierung ist so vielfältig, wie die Liebe – ergibt Sinn, bedingt sie sich doch auch gegenseitig! 😉 Die Zeiten, in denen neben heterosexuellen Menschen lediglich homosexuelle und bisexuelle Menschen gesellschaftlich anerkannt wurden, sind so langsam vorbei. Was gut ist, denn sexuelle Orientierung hat eine Menge mehr zu bieten, als man oberflächlich betrachtet denken könnte. Wir haben hier eine kleine Auswahl an sexuellen Orientierungen für euch zusammengestellt. Das sind noch nicht einmal alle! Aber sie geben euch eine gute Übersicht.

Heterosexualität

Sexuelle Orientierung: Was ist das? - Heterosexualität
Foto: Domoyega / iStockphotos

Ein Großteil der Weltbevölkerung ist bzw. definiert sich als heterosexuell. Das Wort „hetero“ bedeutet übersetzt „der andere“ oder auch „ungleich“. Diese sexuelle Orientierung bedeutet also, dass eine Person ein anderes Geschlecht als das eigene (emotional und körperlich) begehrt. Das muss nicht unbedingt „Mann“ und „Frau“ sein, nebenbei! Da Heterosexualität so verbreitet ist, wurde sie (und wird noch immer von vielen) als die einzig „wahre“ sexuelle Orientierung angesehen. Gut, dass wir solche Listen hier schreiben, um zu zeigen, dass dem nicht so ist! 😋

Homosexualität

„Homo“ bedeutet „gleich“ und das beschreibt diese sexuelle Orientierung auch ziemlich gut: Homosexuelle Menschen begehren emotional und körperlich dasselbe Geschlecht. Bei homosexuellen Männern hat sich die Bezeichnung „schwul“, manchmal auch „gay“ durchgesetzt. Bei homosexuellen Frauen die Bezeichnung „lesbisch“.

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Bisexualität

Bisexualität (seltener, aber korrekter Ambisexualität) setzt sich aus der Vorsilbe „bi“ (lateinisch für „zwei) und „Sexualität“ zusammen. Wieder ein Name, der die sexuelle Orientierung dahinter gut erklärt! Allerdings gibt es zu dem Begriff Unsicherheiten. Viele denken, dass bisexuelle Menschen Männer und Frauen lieben – das ist so aber nicht ganz richtig! Bisexualität bedeutet einfach, dass Menschen mindestens (!) zwei Geschlechter lieben. Das meint aber nicht, dass sie vom binären Geschlechtssystem (das nur „Mann“ und „Frau“ anerkennt) abhängig wären. Eine bisexuelle Person kann sich so beispielsweise in eine non-binäre Person verlieben (die per Definition keines der beiden Geschlechter hat) und in einen Mann. Und noch in eine Frau und noch in eine trans* Person usw. Was bisexuell lieben bedeutet, haben wir hier für dich zusammengetragen.

Pansexualität

Sexuelle Orientierung: Was ist das? - Pansexualität
Foto: Svetikd / iStockphotos

Pansexualität und Bisexualität wird gerne gleichgesetzt. Und auf den ersten Blick sind es auch ähnliche sexuelle Orientierungen, unterscheiden sich aber stark im Detail. Die lateinische Vorsilbe „pan“ heißt übersetzt so viel wie „alles“ oder „gesamt“. Pansexuell meint also, dass eine Person theoretisch zu jedem Geschlecht eine romantische/sexuelle Bindung aufbauen kann. Bisexuell heißt, dass zwei oder mehr Geschlechter als anziehend empfunden werden – aber nicht alle! Was Pansexualität ist und wie es sich von Bisexualität unterscheidet, haben wir hier für dich beschrieben.

Asexualität

Asexualität wird gerne als Gegenteil von Pansexualität genannt. Bei dieser sexuellen Orientierung hat eine Person kein sexuelles Interesse an IRGENDEINEM Geschlecht. Das heißt aber nicht automatisch, dass die Person zu keiner Liebesbeziehung (und Sex) in der Lage ist. Da asexuell nicht gleich asexuell ist, es also ein Spektrum gibt, schreibt man auch „a_sexuell“.

Polysexualität

Die Vorsilbe „poly“ kommt vom Griechischen „polyos“, was so viel bedeutet, wie „viele“. Bei dieser sexuellen Orientierung sind Menschen generell zu vielen (aber nicht ALLEN) Geschlechtern sexuell hingezogen. Der Begriff der Polysexualität wird deswegen auch als Überbegriff für zum Beispiel Bisexualität genutzt.

Demisexualität

Demisexualität beschreibt eine sexuelle Orientierung, bei der sich ein Mensch erst zu einem anderen sexuell hingezogen fühlt, wenn eine tiefe, emotionale Bindung entstanden ist. Meint zum Beispiel auch, dass ein demisexueller Mensch eher nicht bei einer Party mit der erstbesten (oder schönsten) fremden Person herumknutscht, geschweige denn einen One-Night-Stand feiern würde. 😉

Unterschied zwischen Geschlecht und sexueller Orientierung

Sexuelle Orientierung und Geschlecht werden gerne mal miteinander verwechselt, dabei gibt es große Unterschiede!

  • Geschlecht ist etwas, das von außen zugewiesen wird. Das medizinische Personal bestimmt bspw. bei der Geburt, ob ein Kind nach dem binären Geschlechtssystem „männlich“, „weiblich“ oder neuerdings auch „divers“ ist
  • Geschlechtsidentität ist das eigene Geschlechtsempfinden. Das muss nicht mit dem zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen!
  • Sexuelle Orientierung meint lediglich, zu welchem Geschlecht bzw. welchen Geschlechtern sich der Mensch hingezogen fühlt. Das kann auf emotionale, körperliche und/oder sexuelle Weise sein.

Kurzum: Die Begriffe haben vollkommen unterschiedliche Bedeutungen. Es gab eine Zeit, in der das Geschlecht gleichgesetzt wurde mit der sexuellen Orientierung. Als nämlich ein „Mann“ in jedem Fall eine „Frau“ zu lieben hatte. Diese Zeiten sind (größtenteils und zum Glück) vorbei. Wie problematisch es sein kann, wenn sexuelle Orientierung und Geschlecht miteinander verwechselt werden, zeigt die Situation von intersexuellen (eigentlich inter*) Menschen. Wir haben zu dem Thema Intersexualität einige Infos für euch zusammengetragen.

Wann entwickelt sich sexuelle Orientierung?

Die Entwicklung der eigenen Sexualität ist ein Teil der Identitätsfindung. Bereits mit 9 Jahren werden sexuelle Themen für Kinder von Bedeutung. Mit den Jahren danach entwickeln sich die ersten sexuellen Gefühle. Wie bei so vielen Dingen – gerade in Bezug auf die Sexualität – ist die weitere Entwicklung allerdings sehr individuell. Das heißt, es gibt keinen straffen „Zeitplan“, wann genau nun die sexuelle Orientierung beginnt und wie sie sich entwickelt. In der Pubertät beginnt dann die Phase des sexuellen Erwachens, in dem Hormone und damit einhergehend auch Gefühle verrücktspielen.

Das Ende der Pubertät ist allerdings nicht unbedingt das Ende der sexuellen Orientierungsphase. Es ist ja auch so: Es heißt „sexuelle Orientierung“, nicht „sexueller Endpunkt“. Der Mensch verändert sich (auch biologisch) sein gesamtes Leben lang. Demnach kann es auch in puncto sexueller Orientierung über das Leben des Menschen hinweg immer mal wieder zu einer Veränderung kommen. Hierbei kommt es auch darauf an, wie sehr der Mensch selbst auf seine Gefühle und Regungen achten und diese reflektiert.

Wie erkenne ich meine sexuelle Orientierung?

Sexuelle Orientierung: Was ist das? - Sexuelle Orientierung erkennen
Foto: Vgajic / iStockphotos

Wie du deine eigene sexuelle Orientierung erkennst, ist leider keine Frage, die einfach zu beantworten wäre. Zumindest von anderen Personen als dir selbst. Es ist natürlich auf der einen Seite wichtig und hilfreich, die eigene sexuelle Orientierung zu kennen oder zumindest einschätzen zu können. Es macht dir die Partner*innenwahl etwas einfacher und hilft auch, wenn du dich darüber mit anderen austauschen kannst.

Aber auf der anderen Seite ist es auch wichtig zu wissen, dass eine sexuelle Orientierung nichts in Stein gemeißeltes ist! Das meint nicht, dass sie „heilbar“ oder „umkehrbar“ wäre – denn keine sexuelle Orientierung ist eine Krankheit, auch wenn bestimmte Personengruppen das anders sehen mögen. Damit meinen wir eher, dass sich sexuelles Interesse an einer Person oder einem Geschlecht mitunter mit der Zeit ändern kann – und das ist doch auch absolut in Ordnung! Für manche Menschen ändert sie sich je nach Partner*in und Situation, für andere ändert sie sich nach Jahren, für wieder andere nie. Allerdings ist das etwas, was von allein kommen muss. Du kannst (und solltest) da nichts forcieren.

  • Beobachte dich einfach selbst:
  • Welche Personen findest du anziehend?
  • Warum findest du sie anziehend?
  • Haben sie alle dasselbe Geschlecht bzw. dieselbe Geschlechtsidentität?
  • Wie fühlst du dich in Situationen mit einer bestimmten Person, wie fühlst du dich in Situationen mit einer anderen? Gibt es einen Unterschied?

Wichtig ist, dass du dich mit dem Begriff (insofern du einen findest, der auf dich zutrifft) wohlfühlst. Und: Auch wenn wir hier einige Begriffe gesammelt haben, sind das am Ende nur Begriffe. Es ist auch völlig in Ordnung, sich mit keiner sexuellen Orientierung zu definieren bzw. definieren zu wollen! Du bist nicht automatisch schwul, wenn du dich als Junge definierst und einen anderen Jungen magst, du bist nicht automatisch bisexuell, weil du erst mit einem Mädchen und später mit einem Jungen zusammenwarst. Du bist du. Lass dir von den teils willkürlichen Normen unserer Gesellschaft nichts anderes einreden. Liebe ist frei. 💖

Über Dr. Sommer:

Das Dr. Sommer-Team steht seit über 50 Jahren für kompetente Sexual-Aufklärung und Jugendberatung unter dem Dach der Marke BRAVO. Das Team ist beratend tätig und unterstützt bei Themen wie Pubertät, sexuelle Identität, Beziehungen, physische und psychische Gesundheit, Liebe, Sexualität und Entwicklung. Dennoch ersetzt unsere Beratung nicht den Besuch bei Facharzt oder -Psychologen. Hast du eine Frage an unser Team? Schreib uns unter: drsommerteam@bravo-family.de