Sozialphobie?! Woran du sie erkennst und wie du sie loswirst!

Viele Mädchen und Jungs sind schüchtern – das ist eine weit verbreitete und völlig normale Charaktereigenschaft. Ist die Angst vor Anderen aber so groß, dass zwischenmenschliche Kontakte möglichst vermieden werden, könnte eine Sozialphobie dahinterstecken. Woran du sie erkennst und wie sie sich in den Griff kriegen lässt, erfährst du hier. 

Sozialphobie?! Woran du sie erkennst und wie du sie loswirst!
Viele, die unter einer sozialen Phobie leiden, fühlen sich einsam Foto: Monkey Business/ stock.adobe.com
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Was bedeutet Sozialphobie?

„Jetzt komm schon, sag auch mal was!“ – „Sei doch nicht immer so schüchtern!“ – „Kannst du nicht mal lauter sprechen, man versteht dich ja kaum!“ – Sätze wie diese, kriegen manche Mädchen und Jungen ständig zu hören. Dabei würden sie nur zu gerne mal aus sich herausgehen, offen ihre Meinung sagen, jemanden ansprechen, den sie sympathisch finden, mit Freunden quatschen und Spaß haben. Aber das geht nicht, denn sie leiden unter einer Angsterkrankung, die Sozialphobie genannt wird! Mädchen und Jungs, die unter dieser Störung leiden, befürchten ständig, zu versagen, sich zu blamieren, kritisiert, ausgelacht, abgewiesen, bloßgestellt oder beobachtet zu werden! Die Angst, vor einer Konfrontation mit anderen, vor allem mit fremden Leuten, oder vor einer Leistungsbeurteilung, kann so groß und lähmend sein, dass die Betroffenen versuchen, jeden zwischenmenschlichen Kontakt zu vermeiden, der nicht unbedingt nötig ist. Das macht sie schnell zu Einzelgängern und Außenseitern. 

Was sind Anzeichen für eine Sozialphobie?

Nicht jeder der schüchtern ist, hat gleich eine Sozialphobie, denn gerade während der körperlichen Entwicklung sind viele Mädchen und Jungen vorübergehend etwas verschlossener und unsicherer als sonst. Entscheidend sind die Dauer und die Schwere ihrer Hemmungen. 

  • Betroffene Mädchen und Jungen fallen vor allem durch ihr anhaltendes niedriges Selbstwertgefühl und ihre starken Ängste auf. 
  • In einer ungewohnten Situation und im Beisein fremder Menschen, fühlen sie sich besonders unwohl.
  • Sie haben oft große Schwierigkeiten neue Kontakte zu knüpfen, Vertrauen zu fassen und sich frei und unbefangen vor anderen zu äußern. 
  • Viele von ihnen nehmen kaum an Freizeitaktivitäten teil und haben nur wenige oder gar keine Freunde. 
  • Sie reden nicht viel und manchmal so leise, dass man sie kaum verstehen kann. Werden sie angesprochen, meiden sie den Blickkontakt und wirken verlegen. 
  • Eine Kommunikation mit fremden Personen findet nur im absoluten Notfall statt.
  • Um bloß keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sind sie ständig darum bemüht, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. 
  • Häufig haben die betroffenen Mädchen und Jungen auch in der Schule Probleme. Vor allem, wenn es darum geht, vor der Klasse ein Referat zu halten oder eine Aufgabe an der Tafel zu lösen. 
  • Sie fürchten Situationen, in denen sie glauben, einer prüfenden Betrachtung durch andere ausgesetzt zu sein und deren Erwartungen nicht zu erfüllen. Daher melden sie sich im Unterricht nur selten zu Wort. 

Trotzdem wird eine soziale Phobie von vielen nicht als krankhaft wahrgenommen, weil schüchterne Mädchen und Jungen von anderen eher als angenehm empfunden werden: Sie sind freundlich, stören nicht im Unterricht, ärgern niemanden, hören gut zu, drängeln sich nicht vor, lassen sich nicht auf Konflikte ein und wehren sich nur selten, wenn sie ungerecht behandelt werden – leider gibt es immer wieder Menschen, die genau das rücksichtslos ausnutzen. Umso wichtiger ist es, den betroffenen Jungen und Mädchen den Rücken zu stärken und sie zu ermutigen, sich Hilfe zu suchen. 

Wie entsteht eine Sozialphobie?

Das lässt sich nicht eindeutig sagen, denn bei der Entstehung sozialer Ängste wirken oft mehrere Faktoren zusammen, wie zum Beispiel:

  • Genetische Anlagen (Vererbung)
  • Persönlichkeitsmerkmale wie zum Beispiel Schüchternheit und Angst vor neuen, unvertrauten Situationen
  • Negative Denkmuster, überhöhte Erwartungen an sich selbst, schlechtes Selbstbild, "Katastrophenphantasien": Sie werden mich alle auslachen!“, „Bestimmt findet sie mich total hässlich!“, „Wenn ich das sage, wird er mich hassen.“, „Das schaffe ich nie!“… 
  • Konzentration auf sich selbst und der ständige Versuch, Angstsymptome wie Erröten, Stottern, Zittern unter Kontrolle zu bringen – dadurch Verschlimmerung der körperlichen Reaktionen
  • Eine wenig liebe- und verständnisvolle Erziehung oder kontrollierende, überbehütende, ängstliche Eltern
  • Traumatische Erlebnisse und schlechte Erfahrungen mit anderen Menschen (zum Beispiel gehänselt, gedemütigt, angefeindet oder ausgegrenzt werden)
  • Belastende Lebensereignisse (zum Beispiel der Tod eines nahestehenden Menschen oder eine Trennung)

Welche Symptome treten bei einer Sozialphobie auf?

Das kann sehr unterschiedlich sein und hängt auch vom Grad der Angst ab. Soziale Ängste können in den jeweiligen Situationen starke körperliche und gedankliche Begleiterscheinungen hervorrufen, die mal mehr und mal weniger lange andauern. Viele spüren dabei ein beklemmendes Gefühl in der Brust.  Ihre Atmung wird schneller und sie glauben „keine Luft mehr zu bekommen“. Herzrasen, Schwitzen, Erröten, Übelkeit, Zittern, Stottern, und „ein Kloß im Hals“ können weitere Symptome sein. Das kann sich bis zu einer Panikattacke steigern, bei der die betroffenen Mädchen und Jungen Todesangst empfinden und glauben, jeden Moment die Kontrolle über sich zu verlieren. Man will nur noch raus aus der Situation – sofort und egal wie! Außerdem machen die krassen Symptome es manchen Jugendlichen unmöglich, sich auf bestimmte Aufgaben, Fragen oder Situationen zu konzentrieren. 

Welche Folgen kann eine Sozialphobie haben?

Mädchen und Jungen, die unter einer sozialen Phobie leiden, sind in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt – schließlich versuchen sie alles zu vermeiden, was Angst machen könnte. Dazu gehören insbesondere soziale Kontakte. Viele von ihnen sind deshalb sehr einsam. Sie leiden unter den Symptomen und den Folgen ihrer Phobie. Manche entwickeln eine Depression oder eine andere psychische Erkrankung. Einige Mädchen und Jungen schwänzen vielleicht manchmal den Unterricht oder brechen die Schule ab. Ihre oft ungenügenden mündlichen Leistungen können für eine schlechtere Benotung sorgen oder sogar den Abschluss gefährden. Und das kann wiederrum ihre gesamte Lebensgestaltung, sowie ihre schulische und berufliche Laufbahn beeinträchtigen. Die quälende Angststörung lässt den betroffenen Mädchen und Jungen oft keine Chance, ihre Träume, Wünsche und Ziele zu verwirklichen, wichtige Erfahrungen im Umgang mit anderen zu machen, Liebesbeziehungen einzugehen, glücklich zu sein und Spaß zu haben. Deshalb ist es wichtig, der Angsterkrankung entgegenzutreten und sich von ihr zu befreien! Und das ist möglich, denn eine Sozialphobie ist heilbar! 

Ist es normal, dass schon Jugendliche eine Sozialphobie haben?

Gerade in einer Zeit, in der sich ein Junge oder ein Mädchen körperlich, seelisch und sozial weiterentwickelt, ist die Anfälligkeit für solche Erkrankungen sehr hoch. Angsterkrankungen wie die Sozialphobie treten in der Regel relativ früh auf: 50 Prozent der psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 14. Lebensjahr, 75 Prozent vor dem 24. Lebensjahr.

Was hilft gegen eine Sozialphobie?

Das Sprechen darüber. Wichtig ist außerdem, ganz bewusst die Entscheidung zu treffen, sich von der krankhaften Angst befreien zu wollen und Hilfe anzunehmen. Du bist unglücklich und hast das Gefühl, deine Schüchternheit schränkt dich immer stärker ein? Dann zögere nicht länger und mache einen ersten Schritt in die richtige Richtung: Rede mit jemanden, dem du vertraust! Vielleicht mit deinen Eltern, dem Schulpsychologen, einem Jugendberater, der Hausärztin oder einem guten Freund. Auch deine Lehrer sollten wissen, was mit dir los ist, damit sie dich verstehen und unterstützen können. Reden ist nicht so dein Ding? Dann kannst du auch eine E-Mail, eine Nachricht oder einen Brief schreiben. Oder ein Video machen – Hauptsache, du findest einen Weg, um dich mitzuteilen. Du musst auch erst mal gar nicht viel sagen. Es reicht, wenn du klar machst, dass du deine Angststörung loswerden und endlich wieder Spaß und Erfolg haben willst. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann ebenfalls helfen. Es tut gut zu sehen, dass du mit deinem Problem nicht allein bist (Mehrere Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Angsterkrankung!). Außerdem kannst du von den Erfahrungen, die andere bei der Bewältigung ihrer Ängste gemacht haben profitieren. Unterstützung bieten zahlreiche Selbsthilfegruppen, die es auch für Jugendliche gibt. Eine bundesweite Übersicht findest du zum Beispiel hier. Vergiss aber nicht, deinen Eltern Bescheid zu geben, wenn du Kontakt zu einer Gruppe aufnehmen möchtest. Natürlich kannst du dich auch an uns wenden, wir beraten dich gerne: 

  • Telefon: 0 18 05/89 97 99 (0,14 €/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.), Montag 15 – 16 Uhr, Donnerstag 16 – 17 Uhr, Freitag 14 – 15 Uhr
  • E-Mail: drsommerteam@bravo.de
  • Post: Dr.-Sommerteam, Redaktion BRAVO, Charles-de-Gaulle-Str. 8, 81737 München​

Du hast deine Sozialphobie bereits überwunden? Das ist großartig! Wenn du magst, kannst du uns trotzdem schreiben und uns deine Geschichte erzählen.

Wer behandelt eine Sozialphobie?

Professionelle Hilfe erhalten betroffene Mädchen und Jungen bei Fachärzt*innen oder Psycho- bzw. Jugendtherapeut*innen. In einem ersten Gespräch fragen diese nach den einzelnen Beschwerden, dem allgemeinen Gesundheitszustand und nach körperlichen Erkrankungen. Fragebögen helfen ihnen dabei, die Schwere der Angststörung abzuklären.In der Regel lässt sich die Sozialphobie mit einer Verhaltenstherapie gut in den Griff kriegen.Jugendtherapeut*innen in deiner Nähe findest du hier

Was können Freunde oder Familienmitglieder tun?

Für Außenstehende ist es oft schwierig zu beurteilen, ob jemand einfach nur schüchtern ist oder eine soziale Phobie hat. Deuten die Anzeichen jedoch sehr auf eine Angsterkrankung hin, dann sprich denjenigen ruhig mal darauf an. Erzähle, was dir aufgefallen ist und biete deine Unterstützung an. Dabei ist es wichtig, das richtige Maß zu finden und sich nicht aufzudrängen. Das Beste was Familienmitglieder und Freunde für den Betroffenen tun können, ist, ihn dazu zu ermutigen, sich professionelle Hilfe zu holen. Du kannst ihn dabei unterstützen, indem ihr gemeinsam nach einem Therapeuten sucht und du ihn zum Beispiel dorthin begleitest oder wieder abholst. Für einen Menschen, der aufgrund seiner sozialen Phobie oft nur wenige Kontakte hat, ist deine Freundschaft aber die größte Unterstützung.